Wie drückt sich ein Trauma körperlich aus?

Für mich ist die Verbindung zwischen Trauma und der Fähigkeit sich körperlich, mental und emotional komplett auf das Pferd beim Reiten einzulassen mittlerweile glasklar. Aber wenn mich jemand fragt, was ich beruflich so mache und ich sage: "Ich bin Expertin für Trauma, neurozentrierte Körperarbeit und Achtsamkeit. Ich eröffne Räume für Veränderung von Mensch und Pferd", dann merke ich, dass es ein bisschen Erklärung bedarf und genau deswegen habe ich diesen Blog gestartet. Ich werde Dir erklären was mich in den letzten 20 Jahren angetrieben hat und welche Erkenntnisse der modernen Traumaforschung in die Entwicklung meiner Angebote für Reiter eingegangen sind, so dass diese heute in ihrer Art einzigartig sind. 

Die Folgen von Trauma im Körper

In meinem allerersten Blog-Artikel 'Was ist ein Trauma' habe ich über Schocktrauma und Bindungstrauma gesprochen und über die die Reaktionsmuster, die vom Nervensystem aktiviert werden, um uns zu schützen. Traumata haben immer körperliche, mentale und emotionale Auswirkungen, oft noch Jahrzehnte später.  In diesem Blog Artikel möchte ich die Folgen von Stress und Traumata auf unsere Atmung, Augen und Muskulatur richten, damit für Dich der Zusammenhang zwischen Traumata und der Fähigkeit sich vollkommen auf das Pferd beim Reiten einzulassen noch deutlicher wird. 

Reaktion der Muskulatur bei Trauma

Chronische Verspannungen zum Schutz der Körpermitte

Wie im Blog Artikel 'Was ist ein Trauma' beschrieben, kann bei chronischem Stress und in traumatischen Lebenssituationen die nötige Integration bzw. Auflösung der Situation nicht vollendet werden. Neurochemisch kommt es somit zur weiteren Befeuerung der Muskulatur. 

 

Ein gesunder und vitaler Muskel lebt davon sich öffnen und schließen zu können, so wie es das Leben gerade braucht. Ein chronisch kompensierter Muskel hat diese Fähigkeit verlernt und ist oft stark verspannt und fest. Dadurch fehlt es dem Muskel an Training und er wird nicht nur schwächer sondern kann auch schlechter vom Gehirn angesteuert werden. 

Adduktoren, Psoas Muskel, Zwerchfell

Die Adduktoren

Die Adduktoren liegen an der Innenseite der Oberschenkel und werden in Flucht,- und Kampfaktionen aktiviert. Sie helfen die Körpermitte und den Intimbereich zu schützen.

Verspannte Adduktoren haben immer einen Einfluss auf den Reiter sitz!

 

👉 Die Knie sind fest und damit oft auch die Fußgelenke (Absatz wird hochgezogen) und die Knie rutschen über das Sattelblatt nach oben. 

 

👉 Der Reiter klemmt und kann der Bewegung des Pferdes nicht gut folgen. 

 

👉 Der Schwerpunkt des Reiters kommt zu weit nach oben, was zu Gleichgewichtsverlust führt. 

 

Die Adduktorenverspannung eines Reiters hat einen sehr großen Einfluss auf die Hinterhand des Pferdes. Mehr dazu erkläre ich in meinem Webinar: 'LOCKERLEICHT im Sattel' zu dem Du dich hier anmelden kannst. Die Teilnahem kostet Dich 0€. 


Der Psoas Muskel

Der Psoas-Muskel (großer Hüftbeuger) verbindet unsere Beine mit dem Rumpf, durchläuft das Becken und setzt an der Lendenwirbelsäule an. Er hat nicht nur muskuläre Funktionen, sondern agiert auch als 'Messenger'. Durch seine Größe und Lage im Becken ist er Dreh,- und Angelpunkt für viele Vorgänge im Körper. Wenn der Psoas verkürzt ist, dann hat das folgende Auswirkungen: 

 

👉 Eine Enge in den Leisten, die den Übergang zwischen Rumpf und Bein unbeweglich machen kann und das Mitschwingen im Sattel erschwert. 

 

👉 Eine Neigung zum Hohlkreuz und Verspannung des unteren Rückens, die Deine Beweglichkeit des Beckens einschränken und einen Spaltsitz verursachen können. 

 

👉 Verdauungsbeschwerden, Regelschmerzen, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und Krämpfe im Po. 

 

Der Psoas Muskel verkürzt sich auch durch häufiges und langes Sitzen, sowie durch ungünstige Schlafpositionen. Achte darauf, dass Du Dich täglich ausreichend bewegst und nach Möglichkeit nicht zu viele Stunden am Stück sitzt. In meinen online Kursen gebe ich Dir für den Psoas Muskel viele alltagstaugliche Ideen und Übungen an die Hand. 

Das Zwerchfell

Der Psoas Muskel und das Zwerchfell sind über die Lendenwirbelsäule muskulär miteinander verbunden. Das ist der Grund, warum eine Festigkeit im Psoas oft auch Auswirkungen auf das Zwerchfell hat. Bei Reitern äußert sich eine Zwerchfellverspannung oft in einem Rundrücken. Die Schultern sind vorgebeugt und die Schulterblätter auseinander gezogen, das Brustbein eingezogen. Die Bewegung des Pferde kann so kaum noch durch die Brustwirbelsäule bis nach oben in den Kopf gelangen. Die Festigkeit des Reiters wirkt sich auf die Bewegungsqualität und ggfs. Bewegungsfreude des Pferdes aus. 

Reaktion der Atmung bei Stress und Trauma

Jede stressige oder traumatische situation kreiert ihr eigenes Atemmuster!

Atmung ist Leben. Unser Leben auf der Erde beginnt mit einem Atemzug und endet mit einem Atemzug. Dazwischen atmen wir mal flach, mal tief, mal Brust mal Bauch, mal Nase, mal Mund und in stressigen oder traumatischen Lebenserfahrungen atmen wir oft extrem oder gar nicht. 

James Nestor schreibt in seinem Buch 'Breath -Atem' das jede stressige oder traumatische Situation in unserem Leben ein eignes Atemmuster produziert auf dass ggfs, im späteren Verlauf des Lebens zurück gegriffen werden kann, wenn nötig. 

Leidest Du unter chronischer Überatmung?

Ich gebe Dir mal ein ganz einfaches Beispiel: Du bist schnell aus der Puste? Du hast das Gefühl nicht genug Luft zu bekommen? Dieses Gefühl kann trügerisch sein, denn oft ist dabei das Luft einatmen gar nicht wirklich das Problem, sondern vielmehr das Luft ausatmen können. Der Organismus kann in der Erstarrung hängen geblieben sein und das beeinflusst Deine Atmung. Oder Dein Nervensystem ist immer noch in Alarmbereitschaft und im Überlebensmodus. Auch das hat Einfluss auf die Art und Weise wie Du atmest. 

 

Trauma, Schocktrauma, Reitunfall, Vom Pferd fallen

Es gibt viele Faktoren in der heutigen Welt, die dafür sprechen, dass wir in einer Gesellschaft Leben, die unter chronischer Überatmung und ihren Auswirkungen leidet. 

 

Eine schöne und einfache Übung ist die 4x4 Atmung. Es gibt 4 Phasen: 1) Einatmen, 2) Voll bleiben, 3)Ausatmen und 4) Leer bleiben. In allen Phasen zählst Du bis 4. Wenn das für dich einfach ist - prima! Wenn Du Probleme hast, die 4 Phasen gleich lang zu gestalten, kann das ein Hinweis auf Überatmung sein. 


Reaktion der Augen bei Stress und Trauma

Sally Swift, die das Centered Riding entwickelt hat, sprach bereits vor Jahrzehnten von den 'weichen Augen'. Was sie damit meinte ist das periphere Sichtfeld, also das was ich sehe, ohne hinzuschauen. Wenn wir gestresst sind, dann schränkt unser Gehirn oft unsere Sicht ein, um u.a. Fokus zu halten und wir entwickeln eine Art Tunnelblick. Das ist auch der Grund warum wir, wenn wir in Eile sind oder unter Stress stehen, viel häufiger stolpern, etwas 'nicht sehen' und uns stoßen oder erschrecken, weil wir jemanden gar nicht wahrgenommen haben. Je nachdem was wir erlebt haben, kann auch in den Augen eine Erstarrung durch eine traumatische Lebenserfahrung entstanden sein, die bis in unser heutiges Leben unsere Wahrnehmung einschränkt und in Folge dessen immer auch unser eigenes Sicherheitsgefühl beeinflusst, sowie unser Gleichgewicht. Für Reiter ist es deshalb ganz wichtig ihr peripheres Sichtfeld zu überprüfen und die 'weichen Augen' zu trainieren. Augentraining ist ein großer Bestandteil meines Deep-Dive Programms Embodied-Rider. Wenn Du mehr darüber erfahren möchtest, komm ins Webinar am 12. Februar 2023. Du kannst Dich hier anmelden. Die Teilnahme kostet Dich 0€. 

Mentale und Emotionale Reaktion bei Trauma

Chronischer Stress und traumatische Lebenserfahrungen hinterlassen immer Spuren im Körpergedächtnis, aber wirken sich auch immer mental und emotional aus. 

 

Sicher kennst Du Dein inneres Fass?! Wie steht es um den Füllstand? Ist es fast immer kurz vorm Überlaufen oder hast Du viel Kapazitäten für 'Extras'? 

 

Kein Fass ist ganz leer! Es geht vielmehr darum wie voll es ist und ob Du noch etwas Freiraum nach oben hast, den Du als Reserve in 'schlechten Zeiten' einsetzen kannst?! 

 

Wir alle kennen das: Nach einem langen Arbeitstag noch abends in den Stall fahren. Eigentlich bist Du müde und hungrig, aber Du fährst trotzdem los, weil Du ja die Verantwortung für Dein Pferd hast.

Du merkst, dass Du etwas ungeduldiger bist als sonst und Dein Nervenkostüm schon etwas gereizt ist. Wenn nun Dein Pferd andere Ideen von der Abendgestaltung hat, die Halle brechend voll ist und im Radio der Song kommt zu dem Du Deinen ersten Liebeskummer besiegt hast, dann kann es schon ausreichen um Dein Fass zum Überlaufen zu bringen und nur ein klitzekleiner Auslöser über den Du normalerweise Schmunzeln würdest, bringt nun die Lage ins Kippen. Das ist ganz normal! Das ist menschlich und trotzdem hat es ganz viel mit dem zu tun, was Dein Nervensystem durch Stress und Trauma erlebt hat. 

Möchtest Du mehr über das Thema 'Das Körpergedächtnis sitzt mit im Sattel' erfahren? Dann klicke hier und schau meinen Vortrag für 0€.

 

Kennst Du schon meinen Podcast Sitzkunst: Reiten mit Kopf und Körper? Hör doch mal rein! Hier geht's lang. 

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Kommentare: 1
  • #1

    Fabienne (Dienstag, 31 Januar 2023 19:31)

    Oh wow, so viele Zusammenhänge, das war mir gar nicht bewusst. Danke fürs Aufklären!